Drei Fragen an Dr. Brigitte Wieczorek-Schauerte
🌟Was ist die Motivation hinter dem Seminar Humanistisch-Systemisches Leadership?
— In vielen Situationen haben wir mehr Potential für berufliche (oder private) Aufgaben, Entscheidungen und Lösungen, als wir glauben. Die Steigerung von Selbstwirksamkeit und Selbstwert ist mein Forschungs- und Beratungsziel. Was wir beruflich zu leisten imstande sind, bestimmen zum großen Teil unsere sozialen Gruppen, wir nennen es die Systeme, in denen wir uns bewegen. Sie können sowohl Quelle unserer Probleme als auch unserer Ressourcen werden. Führungskräfte sind Vorbilder im Team und können als Potentialentfaltungscoaches agieren. Erfolgreiches Leadership zeigt sich in Empathie, aktivem Zuhören und wertschätzender Kommunikation, auch in Konflikten. Es ist lohnenswert, über diese individuelle, sehr persönliche Haltung von Führungskräften in einer Gruppe zu reflektieren, sie mit Modellen von Leadership zu vergleichen und sie um die Tools des systemischen Ansatzes zu bereichern.
🌟Welchen Mehrwert bietet die humanistische Perspektive?
— Sowohl die humanistische als auch die systemische Perspektive teilen ein gemeinsames Prinzip, der Mensch steht im Mittelpunkt. Menschen suchen Sinn und Selbstbestimmung in ihrem Handeln. Eine humanistische Haltung beinhaltet für mich immer auch die Möglichkeit, den Sinn gerade in beruflichen Zusammenhängen zu suchen, zu hinterfragen und sich für Alternativen einzusetzen, wenn Sinnloses geschieht, was den Menschen nicht gut tut. Ein Team wird von Überzeugung zum Produkt oder Ziel mitgerissen. Und auch im Team sollte im Arbeitsprozess Raum zur Reflexion und zur Selbstbestimmung geschaffen werden. Das Erleben von Selbstbestimmung ist die Basis für die Verantwortung, die jedes Teammitglied trägt und Vertrauen in die Ressourcen und Fähigkeiten von Menschen gehören zu einem humanistischen Menschenbild — das zeigt sich in einem humanistisch-systemischen Leadership.
🌟Hast du einen Praxis-Tipp für Führungskräfte?
— Um wertschätzende Kommunikation in Krisen und Konflikten zu bewahren, nutze ich zwei entscheidende Ansätze. Zum einen trägt mich der Satz: „Jeder Mensch hat gute Gründe für das, was er tut“. Das Adjektiv „gut“ nehme ich dabei wörtlich, auch wenn es zu der beobachteten Handlung aus meinem Blickwinkel auf Anhieb nicht passt. Es ermöglicht aber einen Perspektivwechsel. Dann nutze ich das systemische Tool Refraiming. Es transformiert negative Handlungen in positive, ressourcenorientierte Resultate. Beispiel: „Kolleg:in X kritisiert Innovationen“ wird zu „Kolleg:in X handhabt Innovationen sorgfältig und bedacht“. Wenn diese positive Umdeutung im Umgang mit anderen kommuniziert wird, fördert sie Kompromisse über anhaltende Konfrontation. Reframing kann geübt werden und führt schnell zu einer Haltungsänderung — weil man so gute Erfahrung damit macht.
Erleben Sie Dr. Brigitte Wieczorek-Schauerte als Teilnehmer:in des Seminars Humanistisch-Systemisches Leadership am 21. November in Berlin!